„Und wie finden wir den Weg zurück?“, frage ich. „Wenn ihr der Karte folgt und die Namen der Fließe an den Bäumen lest, kann nichts passieren.“ Von wegen…
Bei einem Besuch im Spreewald gehört es natürlich dazu, das Biosphärenreservat vom Wasser aus zu erkunden. Da gibt es zum einen die Möglichkeit einer Kahnfahrt. Verschrien als Variante für Senioren und alle Faule, die sich selbst nicht anstrengen möchten – also genau das Richtige für uns. Während wir uns gemütlich durch die Gewässer staken ließen, überholten uns jedoch zahlreiche Kanus. Schnell war der Ehrgeiz in uns geweckt, auf ebenso sportliche Weise die Natur zu erleben.
Gesagt, getan. Als wir dann jedoch wirklich in Lübbenau in der Schlange eines Kanuvermieters stehen und uns dicke Moskitos umschwirren, bereue ich meinen Entschluss schon wieder. Wir haben nämlich keinerlei Mückenschutz dabei. Doch nun kann ich Stefan nicht mehr zum Umkehren bewegen…
Wir mieten für 4 Stunden ein 2er Kanu. Ich sitze vorne, Stefan hinten. Damit ist die Rollenverteilung klar: ich gebe das Tempo vor, Stefan lenkt. Lenken muss man mit den Füßen. Ganz komisch.
Wir bekommen eine Karte der Umgebung und ein Mitarbeiter des Verleihs malt uns eine Route hinein, die gut in 4 Stunden zu schaffen sei. Ich habe Sorge, dass wir uns verfahren, aber er meint, das könne nicht passieren. Und wenn, sollen wir anrufen, wobei man eigentlich nie Handyempfang in dieser Gegend habe. Super…
Da es nun wirklich kein Zurück mehr gibt, paddeln wir drauf los. Bereits nach den ersten Metern merke ich, wie anstrengend es ist. Kurz nach dem Start kommen wir an die erste Kreuzung und biegen nach rechts ab auf einen breiten Kanal. Zügig schwingen wir die Paddel. Einen gemeinsamen Takt dabei zu finden ist jedoch verdammt schwer, da ich immer wieder eine Pause machen muss, um Schultern und Arme zu entspannen. So anstrengend habe ich es mir nicht vorgestellt!
Zügig paddeln wir immer weiter. Da wir nicht einschätzen können, wie lange wir wirklich für die Route brauchen, machen wir ordentlich Tempo. Trotzdem dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis wir an unsere nächste Abzweigung kommen. Nun wird der Kanal schmaler und schöner. Die Natur ist wirklich herrlich hier. Man kommt sich fast wie im Dschungel vor.
Eine Tücke gibt es jedoch: Im Verlauf unserer Route gibt es immer wieder das Problem, dass Kähne unseren Weg kreuzen. Zum Teil ist es wirklich eng und immer wieder rufe ich „Links!“ oder „Rechts!“, um Stefan Lenkanweisungen zu geben. Durch den Druck der Füße haben sich jedoch die Lenkpedale bei ihm so weit nach vorne geschoben, dass er kaum noch dran kommt. Lenken gestaltet sich so also als ziemlich schwierig. Immer wieder fahren wir gegen die Uferböschung und ich habe jedes Mal tierisch Angst, mit dem Kanu zu kentern. Es ist nämlich wirklich sehr wackelig…
Und dann, plötzlich, eine Schlange! Ich sehe gerade noch den Kopf und wie sie sich durchs Wasser schlängelt. Ich kann gerade noch einen Warnschrei loslassen, als wir sie auch schon mit dem Kanu gerammt und überrollt haben. Ups. Stefan überzeugt mich aber, dass die Schlange den Zusammenstoß sicher überlebt hat und kurz abgetaucht ist.
Schließlich kommen wir nach Lehde. Lehde ist ein kleines typisches Spreewalddorf mit tollen Häuschen und Bauernhöfen und in dieser Art einmalig im Spreewald. Und tatsächlich, was wir vom Wasser aus sehen können, sieht einfach zauberhaft aus. Wirklich genießen können wir es in unserem Kanu jedoch nicht, denn hier herrscht Hochbetrieb. Kähne über Kähne und Kanus über Kanus. Unentwegt müssen wir ausweichen, anhalten und Kollisionen versuchen zu verhindern. Dabei lachen die Leute in den Kähnen auch noch hämisch, wenn man sich abmüht, das Kanu in eine andere Richtung zu lenken. Ich fluche und möchte nur noch weg aus Lehde.
Schließlich passiert es: Wir wissen nicht mehr, wo wir lang müssen bzw. wo genau auf unserer Karte wir sind. Lehde ist ein einziges Wirrwarr aus kleinen Kanälen und schlechter Beschilderung. Wir stoppen an der Seite und beraten uns. Ich bin eigentlich sicher, dass wir geradeaus weitermüssen, Stefan zweifelt. Wir versuchen, vorbeifahrende Kähne nach dem Weg zu fragen, doch so richtig kann uns keiner weiterhelfen. Schließlich weist uns ein Kahnführer den Weg, der natürlich nicht dort lang führt, wo es mich intuitiv hingezogen hat.
Wir paddeln und paddeln und wissen immer noch nicht sicher, ob das der richtige Weg ist. Die Stimmung sinkt dramatisch, was zu einem Streitgespräch über meine (nicht vorhandenen) Paddelkünste führt. Mittlerweile sind wir auch so ko, dass wir einfach nur noch zurück wollen. Nach einem kurzen Gespräch mit einem anderen Kahnführer dann die Ernüchterung: Wir sind hier wirklich falsch. Toll. So viel dazu, dass man sich eigentlich nicht verfahren könne. Grandios.
Also drehen wir wieder um, den selben Weg zurück. Bis wir wieder an der Stelle ankommen, an der wir uns verfranst haben, dauert es gefühlt ewig. Nun also doch den Kanal entlang, den ich vorhin wollte. Und siehe da: nach kurzer Zeit sind wir tatsächlich wieder zurück bei dem Bootsverleiher. Welch Erleichterung, aus dem Boot aussteigen zu können! Alle Knochen tun weh, besonders die Schultern. An den Händen haben sich Blasen gebildet. Trotzdem sind wir happy. Eine aufregende, spaßige und spannende Tour liegt hinter uns.
Nun machen wir uns auf den Weg, Lehde zu Fuß zu entdecken, was wesentlich entspannter ist 😉
Fazit:
Eine Kanutour durch den Spreewald ist ein absolutes MUSS. Es gibt keinen besseren Weg, die herrliche Natur zu entdecken, als vom Wasser aus. Und mal ehrlich, eine Kahnfahrt kann jeder, aber Paddeln ist doch etwas ganz anderes.
Eckdaten:
Es gibt natürlich mehrere Anbieter, die Boote verleihen. Wir haben unseres beim Bootsverleih Richter gemietet. Für 4 Stunden haben wir 18 € bezahlt, was ein absolut fairer Preis ist.
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