„Lass uns zurückgehen!“ Mein Schrei geht gegen das Tosen des Windes fast unter. „Ich will zurück ins Auto!“ In dem Moment öffnen sich die Schleusen des Himmels und ein gewaltiger Regenguss ergießt sich auf uns.
Ich renne los. Zurück zum Auto. Stefan rennt mir hinterher. Nichts wie weg hier. Klitschnass springen wir in unseren Mietwagen. So ein Mist, und was nun?
Die Euphorie über unsere geplante Wanderung auf der östlichsten Spitze Madeiras, der Ponta de Sao Lourenco, hat sich verflüchtigt. Vor allem bei mir. Zumindest weiß ich jetzt, warum dieser Teil der ansonsten so grünen und wild bewachsenen Insel völlig kahl ist: der Wind ist Schuld. Ach, was sage ich: der Sturm. Mit gefühlten 120 km/h peitscht er hier nur so über uns hinweg. Er rüttelt am Auto. Er biegt die Palmen am Straßenrand. Und er macht, dass ich hier nur noch ganz schnell weg will. Widerwillig gibt Stefan unseren Parkplatz in erster Reihe auf. Denn, oh Wunder, es gibt tatsächlich einige Wanderer, die sich von dem Regen und dem Sturm nicht abhalten lassen. Nun ja, meine Abneigung gegen Wind sollte ja bereits seit unserer Tour auf den Vesuv bekannt sein. Es hilft alles nichts, wir fahren erst mal.
Wir stoppen ganz in der Nähe bei einem Aussichtspunkt. Der Himmel wird schon wieder blau. Verdammt, einfach so unsere geplante Wanderung aufgeben möchte ich auch nicht. Also fahren wir wieder zurück und stellen uns der windigen Herausforderung.
Entschlossen marschieren wir los. Immerhin sind wir wirklich nicht die Einzigen, die so „wagemutig“ sind. Meine größte Angst ist, dass ein Gewitter aufziehen könnte und es hier einfach keinerlei Schutz gibt. Und die letzten Tage auf Madeira haben gezeigt, wie schnell das Wetter wechselt.
Wir kommen an einen kleinen Aussichtspunkt. Waren wir bislang noch ein bisschen von der Bergflanke geschützt, peitscht der Wind hier ungehindert übers Land. Stefan kämpft sich zum Aussichtspunkt vor. Für mich ist das dort nichts. Ich möchte nun doch am liebsten wieder zurück zum Auto. Stefan hofft jedoch noch auf coole Ausblicke und möchte gern weitergehen. Nach den ersten Schritten ist mir klar, dass ich keinen weiteren Meter mehr gehen werde. Ich setze mich hin und warte auf Stefan, der zumindest noch die nächste Bergkuppe erklimmen möchte.
Einigermaßen geschützt sitze ich am Rande des Weges und hoffe, dass Stefan nicht weggepustet wird oder in der Zeit ein Gewitter aufzieht. Ein älterer Herr erklärt in der Nähe seiner Begleiterin, dass die Halbinsel hier wie ein Kamin fungiert, in dem der Wind sich noch verstärkt. Er sei schon öfters hier gewesen, aber so windig habe er es noch nicht erlebt. Na klasse. Wo bleibt nur Stefan?
Als er endlich zurück kommt, berichtet er von Leuten, die dort oben alle auf dem Boden saßen, weil der Wind so enorm sei. Der Weg führt zwar noch eine Weile weiter, aber für uns ist klar, dass wir zurückgehen. Zwar ist es wirklich schade, dass diese Wanderung für uns zum größten Teil ausfällt, aber einen Versuch war es wert. Und im Wetter steckt man ja leider wirklich nicht drin.
Unterwegs kommt uns ein älteres Pärchen entgegen und fragt, ob der Wind denn so stark bleibe. Sie entscheiden sich ebenfalls für den Abbruch der Wanderung, nachdem sie von uns gehört haben, dass es noch schlimmer wird.
Am Auto schlüpfen wir aus unseren Wanderklamotten. Aufregend war es auf jeden Fall!
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